Brief des Vorstandsvorsitzenden

Verehrte Aktionärinnen und Aktionäre, sehr geehrte Damen und Herren,

Jean-Jacques Henchoz,
Vorsitzender des Vorstandes

zum Zeitpunkt, an dem ich Ihnen schreibe, liegt ein knappes halbes Jahr Covid-19-Krise hinter uns allen. Wegen der Pandemie befindet sich die Welt nach wie vor im Ausnahmezustand. Unser Mitgefühl gilt allen, die Angehörige und Freunde durch das Virus verloren haben oder die anderweitig davon betroffen sind.

Für die Hannover Rück hat der gesundheitliche Schutz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerade in diesen Zeiten ebenso höchste Priorität wie die verlässliche Unterstützung unserer Kunden weltweit. Der Großteil unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeitet nach wie vor von zu Hause. Dank unserer guten technischen Aufstellung ist unser Umzug vom Büro in die heimischen Räumlichkeiten reibungslos verlaufen.

Dieser nahtlose Übergang wäre ohne das engagierte Mitwirken unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht möglich gewesen. Viele Kolleginnen und Kollegen mussten angesichts der deutlichen Einschränkungen des öffentlichen Lebens ihren Alltag völlig neu organisieren. Das war sicher nicht immer leicht. Daher möchte ich mich auch im Namen des gesamten Vorstands an dieser Stelle für das große Engagement herzlich bedanken.

Auch wenn die Unsicherheit bezüglich des weiteren Verlaufs der Pandemie erheblich ist, lässt sich für das zurückliegende Halbjahr sagen, dass die Hannover Rück vergleichsweise gut durch diese Krise gekommen ist. Unser Geschäftsmodell ist auf solche Extremereignisse ausgelegt. Als verlässlicher Partner stehen wir unseren Kunden uneingeschränkt zur Seite.

Das haben die Vertragserneuerungen in der Schaden-Rückversicherung im April, Juni und Juli gezeigt. Diese haben trotz der Kontakt- und Reisebeschränkungen reibungslos funktioniert. Rückversicherungsschutz ist insbesondere in unsicheren Zeiten ein wichtiges Instrument zum Risikomanagement.

Nach Jahren des Preisverfalls stellen wir nun eine anhaltende Trendwende hin zu höheren Preisen und eine steigende Nachfrage nach unseren Deckungen fest.

Erst- und Rückversicherer spielen eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, Risiken für die Gesellschaft zu minimieren. Zu diesen Risiken zählen neben Pandemien auch die Folgen von Klimawandel, Naturkatastrophen und technologischem Wandel. Wegen der globalen Natur und der immensen Kosten, die im Zusammenhang mit der weltweiten Ausbreitung einer Pandemie entstehen, kann eine umfassende Risikodeckung nur auf Basis partnerschaftlicher Lösungen und unter Einbeziehung staatlicher Institutionen funktionieren. Bestehende Terrordeckungen können hier als Vorlage dienen. Wir wissen um unsere Verantwortung und werden unseren Beitrag leisten.

Das leitet sich auch aus unserem Unternehmenszweck, unserem Purpose, ab: Beyond risk sharing – we team up to create opportunities. Denn gerade Krisen lassen sich am besten durch gemeinsame, partnerschaftliche Lösungen bewältigen. Nur wenn wir als Gesellschaft aus der Covid-19-Krise die richtigen Schlüsse ziehen und die richtigen Maßnahmen umsetzen, können wir sicherstellen, dass wir der nächsten Pandemie besser vorbereitet entgegentreten.

Als Rückversicherer können wir unseren Beitrag leisten, indem wir Vertragsklauseln zwischen Kunden und Erstversicherern daraufhin prüfen, dass sie die Deckung von Pandemierisiken eindeutig regeln, oder indem wir an der Konzeption neuer Deckungskonzepte mitwirken. Als einer der größten und kapitalstärksten Rückversicherer weltweit unterstützen wir die Solvenz-, Liquiditäts- und Kapitalsituation unserer Kunden mit maßgeschneiderten Rückversicherungslösungen und helfen ihnen dabei, die aktuellen Herausforderungen zu meistern.

Die Finanzkraft der Hannover Rück ist darauf ausgerichtet, auch extreme Risiken beherrschen zu können. Dies ist auch eine der Grundkonstanten in der turnusmäßigen Revision unserer Konzernstrategie, an der wir derzeit arbeiten. Wir sind hier zweifelsohne auf dem richtigen Weg. In einem sich laufend verändernden Umfeld müssen aber auch wir uns weiterentwickeln. Das hat die Covid-19-Krise erneut gezeigt.

Lassen Sie mich nun zusammengefasst auf den Geschäftsverlauf Ihrer Gesellschaft im ersten Halbjahr 2020 eingehen.

Die Hannover Rück blickt trotz der Belastungen aus der Covid-19-Pandemie auf ein erstes Halbjahr zurück, das die Risikotragfähigkeit unseres Geschäftsmodells wieder einmal unter Beweis gestellt hat. Wir haben im ersten Halbjahr in unserem Geschäftsfeld Schaden-Rückversicherung Belastungen aus dem Schadenkomplex Covid-19 von rund 600 Millionen Euro verarbeitet. Zusammen mit weiteren Großschäden summierte sich die Großschadenbelastung auf 737 Millionen Euro netto und lag damit deutlich über unserem Halbjahresbudget.

Wir liegen mit einem Nettokonzerngewinn von 402 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2020 unter dem Vorjahreswert von 663 Millionen Euro. In Anbetracht der direkten Belastungen durch die Covid-19-Pandemie, hoher Volatilitäten an den Kapitalmärkten und eines äußerst unsicheren Ausblicks für die gesamte Weltwirtschaft können wir mit diesem Ergebnis dennoch zufrieden sein. Die Bruttoprämie der Hannover Rück wuchs im ersten Halbjahr währungskursbereinigt um 12 Prozent. Das zeigt: Unsere Kunden schätzen unseren Risikoschutz.

Angesichts der Ungewissheit über den weiteren Verlauf der Covid-19-Pandemie lassen die Ergebnisse des ersten Halbjahres allerdings keine Rückschlüsse auf das Gesamtjahr zu. Noch haben wir zudem den Höhepunkt der Hurrikan-Saison nicht erreicht.

In Anbetracht dieser Unsicherheiten hatten wir bereits im April unsere Ziele für das Geschäftsjahr 2020 zurückgenommen und sind heute noch nicht in der Lage, die Auswirkungen auf unser Geschäft und auf unsere Kapitalanlagen im Jahresverlauf verlässlich zu quantifizieren. Die verschiedenen Szenarien resultieren in einer großen Bandbreite an möglichen Ergebnisbelastungen. Wir führen die entsprechenden Berechnungen laufend durch und werden erneut Ziele nennen, sobald dies auf Basis verlässlicher Einschätzungen möglich ist.

An unserer Dividendenpolitik halten wir unverändert fest. Als Ausschüttungsquote für die Basisdividende sieht die Hannover Rück unverändert 35 Prozent bis 45 Prozent ihres IFRS-Konzernergebnisses vor. Die Basisdividende wird bei einer gleichbleibend komfortablen Kapitalisierungssituation und einem Konzernergebnis im Rahmen der Erwartungen durch Zahlung einer Sonderdividende ergänzt.

Dass die Hannover Rück bislang vergleichsweise gut durch diese für uns alle herausfordernde Zeit gekommen ist, wäre ohne das eingangs bereits erwähnte Engagement unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht möglich gewesen. Bei ihnen möchte ich mich nochmals ebenso herzlich bedanken wie auch bei unseren Kunden und Geschäftspartnern für das entgegengebrachte Vertrauen. Genauso danken der gesamte Vorstand und ich Ihnen, verehrte Aktionärinnen und Aktionäre, für Ihr Bekenntnis zur Hannover Rück. Auch in Zukunft wird es unser oberstes Ziel sein, Ihre Hannover Rück weiter mit dem notwendigen Weitblick zu führen und die starke Finanzkraft des Konzerns auch in Krisenzeiten jederzeit zu gewährleisten.

Mit freundlichen Grüßen



Jean-Jacques Henchoz
Vorsitzender des Vorstandes