dies ist mein erster Aktionärsbrief an Sie als Anteilseigner der Hannover Rück, nachdem ich im Mai den Vorstandsvorsitz von Ulrich Wallin übernommen habe. Zunächst möchte ich mich auch an dieser Stelle noch einmal bei Ulrich Wallin für die reibungslose Übergabe herzlich bedanken.
Der positive Eindruck, den ich als Außenstehender von der Hannover Rück hatte, hat sich in den letzten Monaten voll und ganz bestätigt. Das Engagement und die Kompetenz unserer Mitarbeiter, unsere langfristigen Kundenbeziehungen und unsere Kostenführerschaft bilden die Grundlage für die herausragende Positionierung der Hannover Rück.
Ich freue mich sehr, dieses großartige Unternehmen in die Zukunft führen zu dürfen und die Erfolgsgeschichte der Hannover Rück zusammen mit meinen Vorstandskollegen und mit unseren rund 3.200 Mitarbeitern fortzuschreiben.
Neben dem anhaltenden Niedrigzinsumfeld an den Kapitalmärkten ist auch die Situation auf den globalen Rückversicherungsmärkten durchaus anspruchsvoll. Ein intensiver Wettbewerb und ein damit einhergehendes Überangebot an Rückversicherungsdeckungen haben dazu geführt, dass die Rückversicherungspreise seit Jahren fallen. Wir konnten in den jüngsten Vertragserneuerungen in der Schaden-Rückversicherung – vor allem in den Erneuerungen im Juni und Juli – Preiserhöhungen erzielen. Damit liegen wir jetzt etwas besser als in den Jahren 2017 oder 2018, aber noch immer unter dem Preisniveau der Jahre davor.
Die angespannte Marktlage sollte uns allerdings nicht den Blick auf eine weitere wichtige Herausforderung verstellen, der wir zu begegnen haben. Wir müssen die gesellschaftliche Relevanz unserer Branche unter Beweis stellen und unseren Kunden, unseren Investoren und den politischen Entscheidungsträgern aufzeigen, dass Rückversicherer eine entscheidende Rolle dabei spielen, Risiken wie Naturkatastrophen, Folgen der globalen Erwärmung oder des technologischen Wandels zu minimieren. Mit unserer Kompetenz in der Bemessung und Deckung solcher Risiken machen wir diese in vielen Fällen überhaupt erst versicherbar. So können wir den Betroffenen nicht nur schnelle Hilfe bereitstellen, sondern auch bereits bei der Risikoprävention entscheidende Impulse liefern.
Hier haben wir noch viel Arbeit vor uns. Darin liegen aber auch viele Chancen, die es zu nutzen gilt. Die sogenannte Deckungslücke, der Unterschied zwischen versicherten Schäden und den insgesamt angefallenen wirtschaftlichen Schäden, ist nach wie vor zu groß. Bei großen Naturkatastrophen ist viel zu oft weniger als ein Drittel der Schäden versichert. Wir als Rückversicherer müssen zusammen mit den Erstversicherern und anderen Partnern wie etwa staatlichen und internationalen Institutionen daran arbeiten, dass sich diese Lücke verkleinert.
Mit Initiativen wie zuletzt unserer InsurTech-Plattform „hr | equarium“ arbeiten wir zudem weiter daran, die Hannover Rück als Innovationstreiber im Versicherungs- und Rückversicherungsmarkt zu positionieren. Auf der Plattform können sich InsurTechs mit Erstversicherern, unseren Kunden, vernetzen. Aber auch wir sind selbst an InsurTechs beteiligt. So hat das südafrikanische InsurTech Lumkani eine innovative Mikroversicherungslösung für immer wieder auftretende Feuersbrünste in Townships entwickelt, die ein intelligentes Warnsystem mit einer Basisversicherungsdeckung verbindet. Auch interessant ist die Firma Perseus in Deutschland. Mithilfe dieses Start-ups bieten wir Erstversicherern über einen Cyber Security Club ein umfassendes Konzept zur Absicherung und Versicherung von Cyber-Risiken, bei denen der Branche oft noch die Daten für Preisfindung und Risikomanagement fehlen.
Darüber hinaus verfügen wir als globaler Rückversicherer mit der Datenanalyse über eine in dieser vernetzten, digitalen Welt zunehmend wichtiger werdende Kernkompetenz. Ein gutes Beispiel dafür ist unsere Initiative in Südostasien. Dort arbeiten wir für und mit unseren Kunden daran, auf das geänderte Konsumentenverhalten zu reagieren und den Zugang zu Versicherungslösungen für den Verbraucher über alternative Vertriebswege, beispielsweise online oder am Bankschalter, zu vereinfachen. Von dem, was wir bei der Initiative in Südostasien lernen, können auch unsere Kunden in anderen Märkten profitieren.
Lassen Sie mich im Folgenden den Geschäftsverlauf Ihrer Gesellschaft im ersten Halbjahr 2019 kurz zusammenfassen.
Wir konnten das gute Ergebnis des Vorjahres nochmals um 19 Prozent auf 663 Millionen Euro steigern. Gleiches gilt für die annualisierte Eigenkapitalrendite, die auf 14,3 Prozent gestiegen ist und damit weiter deutlich oberhalb unseres Mindestzieles von 9,4 Prozent liegt. Die Bruttoprämie der Hannover Rück wuchs im ersten Halbjahr währungskursbereinigt um 15 Prozent. Die Grundlage dafür haben wir in den Erneuerungsrunden im Jahresverlauf gelegt, wo es uns gelungen ist, unser Geschäft im Rahmen unserer Margenanforderungen risikoadäquat auszubauen und bestehende Kundenbeziehungen weiter zu intensivieren.
In der Schaden-Rückversicherung blieben die Aufwendungen für Großschäden innerhalb des von uns geplanten Budgets. Allerdings hatten wir zusätzlich – wie auch viele unserer Wettbewerber – Nachlaufschäden aus Ereignissen der Vorjahre zu verzeichnen. Insbesondere Taifun „Jebi“ in Japan erweist sich für die ganze Branche weiterhin kostspieliger als ursprünglich angenommen.
In der Personen-Rückversicherung ist die Gewinnsteigerung um 76 Prozent auf 258 Millionen Euro zu einem großen Teil auf einen Einmaleffekt aus unserer Beteiligung an der Viridium Gruppe zurückzuführen. Darüber hinaus wirkt sich die mit außerordentlichen Belastungen verbundene Beendigung verlustträchtiger Verträge im US-Mortalitätsgeschäft im Vorjahr weiter positiv auf das Ergebnis aus.
Angesichts der bisherigen Geschäftsentwicklung sind wir auf einem guten Weg, 2019 einen Konzernnettogewinn nach Steuern in der Größenordnung von 1,1 Milliarden Euro zu erzielen. Zusätzlich wird ein Einmaleffekt aus unserer Beteiligung an der Viridium Gruppe in Höhe von 100 Millionen Euro das Ergebnis positiv beeinflussen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Großschadenbelastung nicht wesentlich den Erwartungswert von 875 Millionen Euro übersteigt und es zu keinen unvorhergesehenen negativen Entwicklungen auf den Kapitalmärkten kommt.
Unsere bisherige Ausschüttungspolitik werden wir fortführen. Als Ausschüttungsquote für die Basisdividende sieht die Hannover Rück unverändert 35 Prozent bis 45 Prozent ihres IFRS-Konzernergebnisses vor. Die Basisdividende wird bei einer gleichbleibend komfortablen Kapitalisierungssituation und einem Konzernergebnis im Rahmen der Erwartungen durch Zahlung einer Sonderdividende ergänzt.
Kurzum: Ihre Hannover Rück ist bestens positioniert, blickt auf ein erfolgreiches erstes Halbjahr zurück und ist auf gutem Weg, die für das laufende Geschäftsjahr gesetzten Ziele zu erreichen.
Diese Erfolgsbilanz der Hannover Rück wäre ohne unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht möglich. Bei ihnen möchte ich mich ebenso herzlich bedanken wie auch bei unseren Kunden und Geschäftspartnern. Genauso danken meine Vorstandskollegen und ich Ihnen, verehrte Aktionärinnen und Aktionäre, für das Vertrauen, das Sie in uns setzen. Auch in Zukunft wird es unser oberstes Ziel sein, Ihre Hannover Rück weiter verantwortungsvoll, sicher und mit dem notwendigen Weitblick in eine ertragreiche Zukunft zu führen.
Mit freundlichen Grüßen
Jean-Jacques Henchoz
Vorsitzender des Vorstands